NEW STREET ARTISTS

24 Künstler:Innen, deren Namen man sich merken sollte

Alessandra Mattanza
New Street Artists
24 Künstler:innen, deren Namen man sich merken sollte
Newcomer:innen in der Szene von Adelaide bis Paris, von Kopenhagen bis Sao Paulo

Seit einigen Jahrzehnten schon hält Street Arts und Graffitis die Menschen in den Städten in Atem und lässt die Bewohner, die Politik und Justiz teilweise kontrovers über Kunst und Schmiererei diskutieren. Im Laufe der Jahre aber hat sich die Beziehung zu den Street-Art Künstlerinnen und Künstler gewandelt. Denn nicht nur allein die Menschen hinter den Kunstwerken ändern sich, sondern auch deren künstlerischen Ideen, ihr Wertekanon und das Interesse an der Stadt und deren Bewohner hat sich grundlegend geändert. Der Rhythmus der Stadt „formt die Künster:innen, sorgt für Inspiration, setzt sie unter Druck und bildet gleichzeitig wie ein Spiegel die spezielle Sicht der Schaffenden ab.“ Die Zeiten des versteckten Einzelgängertums und des Vandalismus scheint durch etwas Größeres abgelöst zu werden.

Sorge um Umwelt und Armut

Das Buch von Alessandra Mattanza New Street Artists ist nicht nur ein wichtiges Buch, um eine Auswahl der nächsten Generation an Graffiti- und Street Art Künstler:innen von der vorhergehenden abzugrenzen und Unterschiede herauszustellen. Es wird vielmehr der Geist der jungen Aktivist:innen vorgestellt, der sich gerade bei der Sorge um Umwelt und Armut gewaltig von ihren Vorgängern unterscheidet.

TAIOHI – Tauranga, Neuseeland, 2020 © Sven Biller aus Alessandra Mattanza New Street Artists Seite 78 in New Street Artists
24 Künstler:innen, deren Namen man sich merken sollte

Die Interaktion mit der Stadt, der Architektur, den Passanten und Anwohnern beeinflusst das künstlerische Schaffen; gleichzeitig sorgt sie für ein Gegengewicht gegen den plakatierten Kapitalismus und die unzähligen Shops und Stores, die das Stadtbild prägen und die Stadtbewohner tagtäglich beeinflussen.

Die Göße der Arbeiten dringt in die Köpfe der Menschen

Mittlerweile sind die ersten Graffiti-Künstler und Pioniere älter geworden und die nachfolgenden Generationen entwickeln sich und ihre Kunst weiter. Neuen Themen und universelle Inhalte, die alle erreichen sollen, trete in den Fokus. Klimawandel, die Veränderungen durch technische Veränderungen und soziale Gerechtigkeit. Großflächig wird auf Probleme aufmerksam gemacht und Veränderungen, Umdenken und Handel eingefordert. Die Themen Rassismus und Kapitalismus werden thematisiert und die Aussagen durch bunte Kunstwerke real – denn schon die Größe der Arbeiten bewirkt eine optische Explosion und unterstützt ein Eindringen der Botschaft in die Köpfe und Herzen der Menschen.

Bedtime Story, Barraba, Australien, 2021 © Sven Biller aus Alessandra Mattanza New Street Artists Seite 130 und 131 in New Street Artists 24 Künstler:innen, deren Namen man sich merken sollte

Detail zum Buch

Alessandra Mattanza
New Street Artists
24 Künstler:innen, deren Namen man sich merken sollte
Newcomer:innen in der Szene von Adelaide bis Paris, von Kopenhagen bis Sao Paulo

What if…? Bemalter Zug

Bemalter Zug in…? What if…? Mit der KI am Gleis aktiv

Im Allgemeinen geht es dem (zufälligen) „Entdecker“ und Betrachter beim Thema Graffiti zunächst nur um die Überraschung, den Kontrast zur Umwelt, dann erst um Farben und Motive. Graffiti kann aber auch eine Vielzahl von Emotionen, Botschaften und sozialen Kommentaren vermitteln – wenn man sich darauf einlässt. Es ist eine Form der Straßenkunst, die oft politisch, kulturell oder persönlich motiviert ist. Gerade bei bemalten Zügen schwingt noch Anarchie und eine Freiheit, die den Künstlern unterstellt wird, mit. Auflehnung gegen das System, Recht und Ordnung, die sich der Betrachter gerne selbst auf die Fahnen schreiben würde und in dessen Glanz er sich sonnen möchte – natürlich ohne die rechtlichen Konsequenzen fürchten zu müssen.

Aber wie steht es nun um die Herkunft des Bildes? Authentizität eines Graffitis kann eine Rolle spielen, denn viele Menschen schätzen den Wert der Originalität und möchten den künstlerischen Ausdruck in seinem ursprünglichen Kontext erleben. Originalgraffiti ist meist tiefer in die lokale Kultur, Geschichte und soziale Dynamik einer Region eingebettet, als Auftragskunst oder Fakes.

Allerdings gibt es auch viele Formen von digitaler Kunst oder Reproduktionen, die den Geist und die Ästhetik von Graffiti erfassen können. Fiktive Bilder können dennoch interessant sein, solange sie die Essenz der Graffiti-Kunst einfangen und kreative Elemente enthalten. Vielfach sind die Unterschiede für den zufälligen Beobachter, sprich Laien, nicht zu entschlüsseln.
Es hängt also davon ab, welche Aspekte des Graffiti man schätzt und was man aus dem Kunstwerk ziehen möchte.
Fazit: Einige bevorzugen die Originalität und den Kontext, während andere sich auf die künstlerische Darstellung und die Botschaft konzentrieren. Es ist letztendlich eine persönliche Präferenz, solange man nicht selbst gestalterisch seiner Umwelt auf den Leib rücken möchte.

Xoloitzcuintle

Großes Stencil in Oaxaca, Mexiko für den Xoloitzcuintle (ausgesprochen „Scholo-itz-kuint-li“)
Offenbar war der haarlose Hund für die alten Azteken und Maya, sowohl Freund, Heiler, Führer durch die Unterwelt, wurde aber auch als Mahlzeit nicht verachtet. Große Verantwortung für so einen kleinen Hund!

Stencil in Oaxaca, Mexiko

„Der Xoloitzcuintle ist auch als Mexikanischer Nackthund bekannt und verdankt seinen Namen zwei Wörtern aus der Sprache der Azteken: Xolotl, der Gott des Blitzes und des Todes, und itzcuintli, was „Hund“ bedeutet. Nach aztekischem Glauben wurde der Hund Xolotls von dem Gott geschaffen, um die Lebenden zu beschützen und die Seelen der Toten durch die Gefahren der Unterwelt Mictlán zu führen.“
https://www.nationalgeographic.de

Stencil in Oaxaca, Mexiko (von der gegenüberliegenden Straßenseite)

Gorilla in Mexiko

Eindrucksvoll und bunt – Gorilla in Mexkio

In den lebendigen Straßen Mexiko, zeugen faszinierende Murals von einer pulsierenden künstlerischen Szene. Dieses eindrucksvolle Graffiti eines imposanten Gorilla wurde von einem Künstler oder einer Künstlerin, geschaffen, der oder die sich als „P8…“ bezeichnet – die übrigen Details der Signatur sind mit Absicht (oder auch nicht) undeutlich gehalten.
Dieses beeindruckende Mural entstand höchstwahrscheinlich im Rahmen eines renommierten mexikanischen Graffiti-Festivals, das die Provinz Oaxaca zu einem kreativen Hotspots in Mexiko macht.

Die expressive Darstellung des Gorillas und die lebhaften Farben ziehen nicht nur die Blicke der Passanten auf sich, sondern verdeutlichen auch, dass die reiche kulturelle Geschichte der Region nahtlos mit zeitgenössischer Kunst verschmilzt. Das Mural wird so zu einem lebendigen Zeugnis für die Vielfalt und Kreativität, die die Straßen von Oaxaca durchfluten.

„what if-AI-Projekt“

Mexikan Wolpertinger

In den lebhaften Straßen von Mexiko City, wo die Tradition des Totenkults lebendig wird, entfaltet sich eine Szene, die sowohl faszinierend als auch skurril ist. Ein kunstvoll gestaltetes Mural zieht die Blicke der Betrachter an, die sich auf eine mehr oder weniger typische Darstellung des mexikanischen Totenkults eingestellt haben. Doch in diesem farbenfrohen Gemälde nehmen die Traditionen eine überraschende und heiterere Wendung.

Mitten im Gewirr von Blumen, Kerzen und den ikonischen Calaveras, den Totenschädeln, erscheint ein unerwartetes Element: Ein fröhlich grinsendes Schwein, das eine Tuba spielt, und dessen Hufe mit Hühnerfüßen geschmückt sind. Dieser unkonventionelle Einfall scheint die üblichen Pfade der rituellen Darstellungen zu verlassen und verleiht der Szenerie eine unverwechselbare Leichtigkeit.

Es ist, als ob die Geister der Vergangenheit einen spielerischen Abstecher in die Gegenwart gemacht hätten, um die Traditionen mit einer Prise Humor zu durchwirken. Die Tuba, die normalerweise mit traditioneller mexikanischer Musik verbunden ist, fügt eine festliche Note hinzu, während die Hühnerfüße, ein Symbol des Alltags, eine Brücke zwischen dem Jenseits und der Welt der Lebenden zu schlagen scheinen.

Das Mural ist eine Augenweide voller Details, die es wert sind, entdeckt und genossen zu werden. Jeder Schädel im Motiv erzählt eine eigene Geschichte, und doch bildet das schelmische Schwein den Mittelpunkt, der die Betrachter zum Schmunzeln bringt und ihre Vorstellungen von der Tiefe des Totenkults auf charmante Weise herausfordert.

In dieser malerischen Szene verschmelzen die alten Rituale mit einem Hauch von Humor, und das Mural lädt die Menschen ein, nicht nur zu interpretieren, sondern vor allem zu genießen – eine festliche Feier des Lebens und des Todes, die durch die künstlerische Freiheit zu einer einzigartigen und unvergesslichen Erfahrung wird.

La Catrina

Graffiti – La Catrina, Mexico City

Die Figur der „La Catrina“ entstand vermutlich zusammen mit anderen Werken des mexikanischen Kupferstechers José Guadalupe Posada. Ihr Ursprung liegt in der satirischen Darstellung der vorrevolutionären mexikanischen Oberschicht unter Porfirio Díaz. Es wird sogar angenommen, dass die Figur möglicherweise bereits von Manuel Manilla geschaffen wurde. Die Darstellungen von La Catrina erlangten während der Revolution besondere Popularität und fanden somit Eingang in die kulturelle Identität Mexikos. Spätestens als Diego Rivera, der Mann der Malerin Frida Kahlos, La Catrina in seinem Gemälde „Sonntagsträumerei in der Alameda“ aufgriff, manifestierte sich der Kult um La Catrina endgültig und wurde zu einem integralen Bestandteil der mexikanischen Selbstdarstellung.

Zur Person des Künstlers Posada

José Guadalupe Posada Aguilar wurde am 2. Februar 1854 in der zentralmexikanischen Stadt Aguascalientes geboren. Seine künstlerische Reise begann als Helfer in einer Keramikwerkstätte, wo er auch als Zeichner von religiösen Bildern tätig war. Im Jahr 1866 erlernte er in der Werkstatt von Trinidad Pedroza die Kunst der Lithographie und ab 1871 arbeitete er als Illustrator für die Lokalzeitung El Jicote. Einige Jahre später zog er nach Mexiko-Stadt und wurde festangestellter Illustrator für das Verlagshaus von Antonio Vanegas Arroyo. Dort schuf er rund 15.000 Zinkätzungen, Blei- und Eisenschnitte. Gleichzeitig eröffnete er sein eigenes Atelier in der Calle de Santa Inés, der heutigen „Calle de Moneda“.

Während seiner Schaffensperiode als Karikaturist setzte sich Posada vor allem in seinen Werken gegen die autoritäre Regierung von Porfirio Díaz und die Unterdrückung durch die mexikanische Oberschicht ein. Von Beginn der mexikanischen Revolution bis zu seinem Tod im Jahr 1913 unterstützte er in seinen Arbeiten die Sache der Aufständischen. Trotz seines engagierten Schaffens geriet Posada während seines Lebens in Vergessenheit und verstarb am 20. Januar 1913 in Armut. Seine letzte Ruhestätte fand er im sechstklassigen Panteón de Dolores in Mexiko-Stadt.

Nach seinem Tod gerieten Posadas sterbliche Überreste in Vergessenheit. Erst im Jahr 1920 wurden sie exhumiert, da sich innerhalb der vorangegangenen sieben Jahre niemand für sie interessiert hatte. Die Überreste wurden schließlich in ein Gemeinschaftsgrab überführt. Trotz seines tragischen Endes bleibt das Erbe von José Guadalupe Posada Aguilar in der mexikanischen Kunstgeschichte lebendig, und sein Einfluss auf die politische Kunst und Karikatur ist weiterhin spürbar.

Das Hirn an der Wand!

Klingt eklig, ist aber eigentlich ganz lustig – ist das ausgesägte, fliegende Hirn von Riccardo Lopez aka White Rabbit in Barcelona.
Auf dessen Instagram-Account sieht man allerdings, dass Organe mit Flügel nicht die einzigen Motive sind, die Lopez erschafft. Menschen mit Hasen-Ohren bzw. eindringliche, überformatige Gesichter sind hier wesentlich häufiger zu sehen – ein Hirn spielt hier im besten Fall nur eine dekorative Rolle im Hintergrund. Wie gut, dass es Hauswände gibt, die den „Sidekick“ in Szene setzen.

fliegende Hirn von Riccardo Lopez aka White Rabbit in Barcelona
Gemeinschaftsprojekt machen das Hirn von White Rabbit zu „einem von vielen“

SAVE THE DATE

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Maria mit Kind

Madonna und Kind von William-Adolphe Bouguereau – Paste Up in Barcelona

Eine Kombination aus „Alten Meister“ und Graffiti-Elemente ist Teil des Konzepts des Stencil-Paste Ups. So wie das Motiv „Madonna und Kind“ von William-Adolphe Bouguereau finden sich noch weitere Motive in der Barcelona, die dem Konzept der „Generationen“-Kontraste folgt. Hier ist zum einen „Der Edelmann mit der Hand auf der Brust“ von El Greco und „Dienstmagd mit Milchkrug“ – Jan Vermeer. Den